Welche Smart-Home-Produkte lohnen sich besonders und wo hat die Technik noch Nachholbedarf? Houscontrollers fragte den Blogger und Fachjournalisten Frank-Oliver Grün nach seinen Erfahrungen im vernetzten Alltag.

Smart Home Experte Frank-Oliver Grün
Smart Home-Experte Frank Oliver Grün

Frank-Oliver Grün arbeitet als Autor für Technik-Zeitschriften und Verbrauchermagazine wie ComputerBild, eHome, connect@home oder Guter Rat. Als Smart-Home-Experte berät er Unternehmen in der Projektentwicklung. Außerdem betreibt er das Blog digitalzimmer.de. In seiner mehr als 30-jährigen Laufbahn war er als leitender Redakteur, Producer und Chefredakteur bei verschiedenen Verlagen tätig. Seit 2005 ist er selbstständig und lebt in Stuttgart.

Housecontrollers: Herr Grün, auf digitalzimmer.de berichten Sie umfassend über Smart Home-Themen. Da drängt sich die Frage auf, welche Smart Home-Produkte Sie privat nutzen? Welche Funktionen möchten Sie nicht mehr missen?

Frank-Oliver Grün: Die Produkte im Haushalt wechseln regelmäßig. Das bringt der Testbetrieb so mit sich. Schließlich kann ich nur Erfahrungen mit Geräten sammeln, wenn sie rund um die Uhr im Einsatz sind – also auch nachts oder am Wochenende. Es gibt aber Lösungen, die ihren festen Platz erobert haben. Dazu gehört zum Beispiel der Türöffner mit Smartphone-Ortung am Hauseingang. Seinetwegen muss ich bei Regen und mit Einkäufen bepackt nicht mehr nach dem Schlüssel suchen.

Großes Kino, das auch Gäste beeindruckt

Multiroom-Lautsprecher und die drahtlose Lichtsteuerung bewähren sich ebenfalls Tag für Tag. Und dann wäre da noch meine sprachgesteuerte Heimkino-Anlage. Sie hat die lästige Suche nach der richtigen Fernbedienung auf dem Couchtisch endlich beendet. Stattdessen genügt es, einen Befehl wie „Netflix starten“ in den Raum zu rufen. Das ist großes Kino, mit dem sich auch Gäste beeindrucken lassen.

Housecontrollers: Wie sah Ihr Einstieg in die Smart Home Welt aus?

Frank-Oliver Grün: Als Fachjournalist für Unterhaltungselektronik und Technik-Fan bin ich quasi ins Thema hineingewachsen. Musik-Server und Streaming-Lautsprecher waren die ersten Entertainment-Geräte mit einem Netzwerk-Anschluss. Das dürfte 2003 oder 2004 gewesen sein. Dann kam 2007 das iPhone nach Deutschland und in der Folge eine ganze Welle an Produkten mit App-Fernbedienung. Die ersten davon habe ich aus Interesse gleich gekauft und ausprobiert. Dann wurden es immer mehr, weil meine Auftraggeber in den Redaktionen Artikel haben wollten. 2009 begann ich schließlich, über Smart-Home-Themen zu Bloggen.

Housecontrollers: Analysen bescheinigen dem Smart Home-Markt in den nächsten Jahren zweistellige Wachstumsraten – obwohl die Systeme teilweise noch mit Kinderkrankheiten zu kämpfen haben. Teilen Sie diesen Optimismus?

Frank-Oliver Grün: Wenn es nach den Studien geht, liegt Smart Home schon lange im Trend. Es gibt diese Prognosen seit Jahren und sie erinnern mich an Umfragen zum „Multimedia-PC“ in den späten 1980ern. Damals bekam jeder Computer dieses Etikett aufgeklebt, der ein paar Bilder oder Töne abspielen konnte. Marktforscher redeten das Ende des Fernsehers herbei, weil multimediale Computer ihn ablösen würden. Mit dem Begriff Smart Home sieht es ähnlich aus. Er wird inflationär gebraucht. Manche verstehen darunter einen Heizkörperregler für 60 Euro, andere eine Gebäudeautomatisierung für 60.000 Euro. Das alles zu vermischen hilft niemandem. Weder den Kunden, noch den Unternehmen, die Lösungen verkaufen wollen.

Viele Hersteller suchen noch ihr Geschäftsmodell

Hinzu kommt, dass viele Anbieter von Do-it-Yourself-Produkten noch nach einem tragfähigen Geschäftsmodell suchen. Sie verkaufen Geräte, bieten ihren Kunden aber wenig Anreiz, längerfristig für Dienste und Serviceleistungen zu bezahlen. Die Käufer sehen dann natürlich nicht ein, warum sie ein Abo abschließen sollten. Mit der Programmierung ihres Systems oder bei Integrationsproblemen sitzen sie ja trotzdem alleine da. Ich denke, wer ein paar vernetzte LED-Lampen oder Multiroom-Lautsprecher kauft, wagt später nicht automatisch den Schritt zu einer aufwändigeren Haussteuerung. Dazu ist das Ganze zu kompliziert.

Housecontrollers: Was nervt Sie bei der Bedienung von Smart Home-Systemen? In welchen Bereichen müssen die Hersteller noch ihre Hausaufgaben machen?

Frank-Oliver Grün: Das alte Problem: Wir haben es es mit zahllosen Funkprotokollen und Hersteller-Standards zu tun. Um beim Heizungsregler zu bleiben: Der kann Bluetooth, DECT, Homematic, Z-Wave, Zigbee oder ein völlig anderes Protokoll verwenden. Er unterstützt als Sprachsteuerung vielleicht Alexa, Siri oder den Google Assistant – aber selten alle drei.

Einheitliche Schnittstellen wären ein Anfang. So wie beim Smartphone oder Tablet: Da haben Apple und Google mit ihren Betriebssystemen für Standards gesorgt. Wer heute ein vernetztes Produkt kauft, kann davon ausgehen, dass es eine Android- und eine iOS-App dafür gibt. Warum funktioniert die Programmierung von Smart-Home-Systemen nicht genauso einfach? Zum Beispiel mit Apps oder Skills, die Heizpläne, Lichtwecker Anwesenheitssimulation, Alarmfunktionen & Co. auf Knopfdruck installieren.

Funktionen für technikverliebte Männer

Manchmal frage ich mich, ob in den Entwicklungsabteilungen vor allem technikverliebte Männer sitzen, die ihren Spieltrieb ausleben. Wer sonst käme auf die Idee, neue Funktionen zu erfinden, während grundlegende Aufgaben ungelöst sind. So bedeutet es immer noch Aufwand, ein drahtloses Lichtsystem über normale Wandtaster zu steuern. Vernetzte Geschirrspüler bestellen automatisch Reiniger-Tabs nach, vergleichen dabei aber keine Preise oder berücksichtigen Sonderangebote. Kein Wunder, dass viele Frauen da sagen: „Eine Fernbedienung fürs Licht kommt mir nichts ins Haus“ oder „Ich kaufe meine Reiniger-Tabs weiter dort, wo ich will“. Alles schon gehört im Familien- und Freundeskreis.

Housecontrollers: Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Welche Trends werden Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren das vernetzte Zuhause bestimmen? Kommt irgendwann tatsächlich der vielbeschworene vernetzte Kühlschrank oder sehen Sie ganz andere Anwendungsszenarien?

Frank-Oliver Grün: Wir werden meiner Meinung nach eine Konzentration der Geräte auf großen Plattformen bekommen. Je mehr unterschiedliche Smart Home-Produkte es gibt, desto mehr wünschen sich die Nutzer eine zentrale Steuerung. Apple HomeKit verfolgt dieses Ziel, aber auch Amazon Alexa und Google Assistant positionieren sich als Universal-Fernbedienung im smarten Zuhause.

Alexa & Co. kontrollieren das Smart Home

Überhaupt gewinnt die Sprachsteuerung an Bedeutung. Allen Datenschutz-Diskussionen zum Trotz: In der Küche fasse ich schon heute keinen Lichtschalter mehr an – ob die Hände nun sauber oder schmutzig sind. Die Bequemlichkeit siegt über viele Bedenken. Was den vernetzten Kühlschrank angeht: Um ihm zum Erfolg zu verhelfen, müsste der Lebensmittel-Einzelhandel mitspielen und Funketiketten mit Verfallsdaten auf seine Verpackungen kleben. Die heutigen Geräte mit Kamera sind keine Lösung für Vorrats-Chaoten wie mich. Der Innenraum ist viel zu vollgestellt, als dass man auf Bildern der Kühlschrank-Kamera etwas erkennen könnte.

Housecontrollers: In Ihrem Blog finden sich auch zahlreiche Tipps, mit denen Anwender mehr aus ihren Systemen herausholen können. Verraten Sie uns Ihr Highlight?

Frank-Oliver Grün: Einen Favoriten gibt es nicht, weil so viele Produkte im Einsatz sind. Aber ich entdecke ständig etwas neues. Diese Woche zum Beispiel, dass der Abfallkalender-Skill von Alexa inzwischen auch Benachrichtigungen verschicken kann. Damit erinnert mich die Sprachassistentin rechtzeitig daran, die Gelbe Tonne rauszustellen. Tipps dieser Art sammle ich übrigens auch auf meinem Blog.

Housecontrollers: Vielen Dank für das Interview!

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Author

Nico berichtet seit 2013 über Smart Home-Themen und ist Herausgeber von Housecontrollers.de.