Lohnt es sich jetzt eine Wärmepumpe zu kaufen oder sollte man lieber warten, bis die Preise gesunken sind? Welche Anforderungen gibt es an die Heizkörper? Und wie werden sich die Preise und die Verfügbarkeit in der nächsten Zeit entwickeln? Der Experte Hans-Jürgen Seifert beantwortet im Interview mit HouseControllers die wichtigsten Fragen rund um die Wärmepumpe.

Hans-Jürgen Seifert

Hans-Jürgen Seifert hat eine Ausbildung zum BMSR-Techniker absolviert und anschließend Luft- und Kältetechnik studiert.

Als Inhaber eines Ingenieurbüros für Wärmepumpensysteme hat er sich auf die Optimierung und Begutachtung von Wärmepumpenanlagen spezialisiert. Darüber hinaus ist Hans-Jürgen Seifert Autor der Ratgeber “Wärmepumpen für Heizung und Warmwasser*” (siehe dazu auch unsere Buchvorstellung) und “Effizienter Betrieb von Wärmepumpenanlagen: Planungsfehler vermeiden – Probleme analysieren – Arbeitszahlen optimieren*”.

HouseControllers: Herr Seifert, das Thema Wärmepumpe wird in Deutschland kontrovers diskutiert. Kritiker verweisen darauf, dass der Umstieg einer Wärmepumpe insbesondere für Eigentümer älterer Häuser sehr kostspielig sei, nicht selten werden Kosten von bis zu 50.000 Euro genannt. In einigen Diskussionen wird sogar berichtet, dass mit Blick auf die immensen Kosten eine faktische Enteignung vieler Hauseigentümer drohe. Wie blicken Sie als Experte auf die aktuelle Diskussion?

Hans-Jürgen Seifert: Ich sehe die derzeitige Entwicklung als ideologiegetriebenes Wunschdenken. Diese künstlich entfachte Hysterie löst viele Probleme aus und ist aus meiner Sicht vom Anfang bis zum Ende nicht richtig durchdacht beziehungsweise trägt Züge eines planwirtschaftlichen Gewaltaktes.

Stark gestiegene und teilweise vollkommen überzogene Preise bei Herstellern, Installateuren, Bohrern und anderen beteiligten Gewerken, sowie eine unklare und unsichere Strompreisentwicklung und fachlich nicht gut ausgeführte Wärmepumpenanlagen bringen die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe stark in Bedrängnis. Zählt man noch die Kosten für die Sanierung mancher Gebäudehüllen und die fehlende Erfahrung eines großen Teiles bei den Heizungsbauern dazu, so ist das ein ziemlich abenteuerliches Experiment.

HouseControllers: Jetzt überstürzt eine Wärmepumpe zu kaufen, ist vermutlich nicht zielführend. Wie kann ich vorgehen, um das „Projekt Wärmepumpe“ für mich zu planen? Welche Schritte empfehlen Sie? 

Der Kauf einer Wärmepumpe sollte gründlich und langfristig vorbereitet werden

Hans-Jürgen Seifert

Hans-Jürgen Seifert: Ein überstürzter Kauf wäre tatsächlich eine unüberlegte Handlung, zumal die Handwerkskapazitäten und derzeitigen Lieferzeiten bei Wärmepumpen eine kurzfristige Umsetzung sowieso nicht erlauben. Sinnvoll ist es, so eine Maßnahme gründlich und langfristig vorzubereiten. Ein erster Schritt wäre dabei die Beantragung von Fördermitteln, da nach der Förderzusage ausreichend Zeit zur Verfügung steht und der Realisierungszeitraum zweimal um ein Jahr verlängert werden kann. 

HouseControllers: Welche Anforderungen gibt es an die Heizkörper? Benötige ich zwingend eine Fußbodenheizung oder kann ich bestehende Heizkörper weiternutzen?    

Hans-Jürgen Seifert: Die Diskussion ob Fußbodenheizung oder Heizkörper geeignet sind, sollte eher auf den Fokus der maximal erforderlichen Vorlauftemperatur gelegt werden. Natürlich sind für eine Wärmpumpe Flächenheizungen angenehmer und auch energetisch besser geeignet. Mit stark überdimensionierten Heizkörpern oder Tieftemperaturheizkörper lassen sich aber auch akzeptable Ergebnissen erzielen. Die Umrüstung auf Flächenheizungen ist jedoch oftmals leichter als gedacht, denn es gibt inzwischen zahlreiche unkomplizierte Sanierungssyteme, welche beliebig mit anderen Heizflächen kombiniert werden können

HouseControllers: Wie blicken Sie auf Hybridheizungen – gibt es Szenarien, in denen die Heizleistung einer Wärmepumpe alleine nicht ausreicht, etwa in einem Altbau an besonders kalten Wintertagen?

Hans-Jürgen Seifert: Aus meiner Sicht sind Hybridanlagen bei größeren Mehrfamilienhäusern und Industriegebäuden eine sinnvolle Alternative, vor allem dann, wenn große Leistungsspitzen und wechselnde Lasten auszugleichen sind, bzw. die Umrüstung von Heizflächen mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären.

HouseControllers: Wärmepumpen sind komplexe Systeme mit zahlreichen Konfigurationsmöglichkeiten. Wie oft finden Sie in Ihrer beruflichen Praxis Anlagen vor, die nicht optimal eingerichtet wurden? Und in welchem Rahmen lässt sich der Stromverbrauch mit einer Optimierung reduzieren? 

Hans-Jürgen Seifert: Nicht optimal geplante und eingerichtete Anlagen sind nicht selten. Das trifft aber auch für Anlagen mit fossilen Brennstoffen zu. Relativ schnell zu erschließende Reserven sehe ich in den Reglereinstellungen, aber auch im Nutzerverhalten. Den Betreibern muss man zu verstehen geben, dass sie teilweise Nutzgewohnheiten ändern müssen (Nachtabsenkung, überhöhte Solltemperaturen, Nutzung Sommer/Winter- Umschaltung etc.) und man muss sie selbstverständlich auch richtig in die Bedienung der Anlage einweisen.

HouseControllers: Split-Klimaanlagen werden häufig als günstige Alternative zur „klassischen“ Wärmepumpe empfohlen. Ist es aus Ihrer Sicht zielführend diese Geräte zum Heizen zu verwenden? Viele Eigentümer dürfen mit Blick auf die immer wärmer werdenden Sommer ohnehin über die Anschaffung einer Klimaanlage nachdenken…

Hans-Jürgen Seifert: Wenn ihre Frage auf den Einsatz von Luft/Luft- Split- Geräten abzielt, dann muss man dabei berücksichtigen, dass die über den Luftstrom der Innengeräte abgegebene Wärme beim Verbraucher nicht so angenehm empfunden wird sowie Geräusche durch die Lüfter wahrgenommen werden können.

Unabhängig davon gibt es Einsatzfälle, wo auch derartige Geräte ihren Zweck gut erfüllen wie zum Beispiel in Räumen mit geringer Heizlast und wechselnder Nutzung oder dem Betrieb zum Heizen und Kühlen wie Hotels oder Ferienwohnungen.

HouseControllers: Und wie sieht es umgekehrt aus: Kann eine Wärmepumpe auch eingesetzt werden, um Räume zu kühlen? Welche Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt sein?

Hans-Jürgen Seifert: Bei Anlagen mit Erdsonden ist die passive Kühlung (Temperierung) ein gern genutzter angenehmer Nebeneffekt. Die aktive Kühlung über die Kreislaufumkehr in Verbindung mit PV- Anlagen ist ebenfalls eine oft genutzte Variante. Wichtig ist dabei ist, dass der Taupunkt bei Rohrleitungen und Heizflächen nicht unterschritten wird bzw. eine sichere Kondensatabführung gewährleistet sind.

HouseControllers: Abschließende Frage: Wie wird sich der Markt Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren entwickeln? Wird sich die Verfügbarkeit der Geräte Ihrer Meinung nach verbessern? Und in welche Richtung werden sich die Preise entwickeln? Anders formuliert: Raten Sie dazu, jetzt eine Wärmepumpe zu kaufen oder lieber noch etwas zu warten?   

Hans-Jürgen Seifert: Viele deutsche Hersteller investieren in Millionenhöhe für neue Produktionsstandorte wegen der gestiegenen Strompreise vor allem im Ausland. Die großen Hersteller aus dem fernen Osten sind bereits in Deutschland präsent, sodass sich die Frage der Lieferfähigkeit relativ schnell klären wird und wodurch erfahrungsgemäß sich auch die Preise wieder nach unten bewegen werden.

Da der Neubau infolge der Förderpolitik, den erhöhten Anforderungen an den Wärmeschutz und den überhöhten Baupreisen stark rückläufig ist, wird sich die Situation bei den Heizungsbauern, Bohrern und Nebengewerken ebenfalls etwas entspannen. Deshalb rate ich dazu, mit der Umstellung noch etwas zu warten und keine unüberlegten und übereilten Schritte vorzunehmen.

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Author

Nico berichtet seit 2013 über Smart Home-Themen und ist Herausgeber von Housecontrollers.de.